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Fragen und kurze Antworten

Fragen und kurze Antworten zum Glauben

von Diakon Hartmut Engbroks

Fragen und kurze Antworten zum Glauben

Oder ist Beten der vergebliche Versuch, sich selbst aus dem Sumpf herauszuziehen?

Antwortversuch: Beten ist Kommunikation mit Gott. Der gläubige Mensch vertraut darauf, dass er in Gott einen Ansprechpartner hat, der im zuhört und Antwort gibt. Das Gebet kann Bitte sein oder Dank, Lobpreis oder Fluch, je nach Stimmungslage des Beters. Gott versteht ihn, er ist nicht allein. Der Beter verändert sich durch das Gebet, weil er sich angenommen weiß durch einen liebevollen Begleiter, der ihm zuhört, vgl. „Es ist gut, dass wir einmal darüber gesprochen haben.“.

Im Gebet hat der Beter die Chance, Kraft zu schöpfen. Er kann Gott vertrauen, der ihm ganz persönlich gegenübersteht. Gott bietet keine Allgemeinplätze und Standardlösungen, aber er vermittelt Einsichten, weist die Richtung und macht Mut. 

Gott lassen die an ihn gerichteten Gebete nicht kalt, aber er lässt sich nicht instrumentalisieren oder gar erpressen. Es gibt die Erfahrung, dass Gebete erhört werden, aber keine Garantie. Weil Gott den größeren Überblick hat, ist es vernünftiger, ihm zu überlassen, ob, wann und wie er unsere Gebete erhört. 

Spricht die ungerechte Verteilung der Güter in der Welt nicht gegen die Existenz eines liebenden Gottes?

Armut

Antwortversuch: Die ungerechte Verteilung der Güter in der Welt ist ein Ärgernis, das seine Ursache in der Habgier Einzelner hat. Hierzu gibt es eine klare christliche Position.

Die Logik der Kapitalmärkte im Kapitalismus ist eine wirft hier Fragen auf. Der Kapitalismus ist zum Wachstum verdammt. Deshalb steht der Kapitalismus in der Gefahr, letztlich an seinem Reichtum zu ersticken, wenn man ihn sich frei entfalten lässt. 

Es kommt aus christlicher Sicht darauf an, wie Vermögen angesammelt wird und was damit angestellt wird. Jesus hat Reichtum nicht verurteilt. Entscheidend ist die Haltung des Reichen zu seinem Reichtum. Eigentum ist nicht zur beliebigen Verwendung für den Eigentümer da, sondern Eigentum ist Verpflichtung (vgl. GG Art. 14), es zum Wohle der Allgemeinheit einzusetzen. Je größer der Reichtum, desto größer die Chance Gutes zu tun. Eigentum ist anvertrautes Gut. 

Freundinnen

Antwortversuch: Zweifellos gibt es viele Menschen, die sich selbstlos für andere einsetzen. Das ist unabhängig davon, ob sie gläubig sind oder nicht. Jemand, der sich um Gerechtigkeit bemüht, sich um andere kümmert, Lebensfreude verbreitet, verzeihen kann, macht für andere Gott erfahrbar. Er ist daher – oft unbewusst – Gott sehr nahe. 

Ich kann mehr haben als das Bewusstsein, ein anständiger Mensch zu sein. Gott bietet mir seine Begleitung, seine Freundschaft an, ohne Wenn und Aber. Das gibt mir Geborgenheit, Sicherheit, Sinn und Mut. 

These: Gott kann nicht bewiesen werden. Macht es dennoch Sinn auf Gott zu vertrauen, obwohl er nicht bewiesen werden kann?

Antwortversuch: Es kann ebenfalls nicht bewiesen werden, dass es Gott nicht gibt. Die Komplexität der Welt ist eher ein Indiz dafür, dass alles nicht nur ein Zufallsprodukt ist. 

Die Frage nach der Existenz Gottes kann man nicht offenlassen. Sie verlangt eine persönliche Entscheidung. Der gläubige Mensch hat sich für Gott entschieden und macht damit gute Erfahrungen.

Vertrauen auf Unbewiesenes kann im Übrigen sehr wohl Sinn machen. Die Mathematiker machen es uns vor. Sie bauen ihre ganze Wissenschaft auf Annahmen, die man nicht beweisen kann, auf Axiomen nämlich. Diese Axiome haben sich als tragfähig erwiesen und als in sich widerspruchsfrei. Darauf vertrauen sie. Ein offensichtlich taugliches Konzept.

Der Gläubige setzt auf ein Axiom: „Du bist der von Gott geliebte Mensch.“ An diesem Axiom hört sein Fragen auf. Er lebt daraus.

Ist das Böse in der Welt nicht ein deutlicher Hinweis darauf, dass es einen liebenden Gott nicht geben kann?

Antwortversuch: Die Ursachen für das Böse oder für Unglücke und Katastrophen sind vielfältig und sind letztlich in der Freiheit des Menschen oder in der Natur begründet, mit der der Mensch unbedarft umgeht. Die Brutalität und Grausamkeit, mit der das Böse sich erweist, ist unfassbar schlimm. Die Frage nach dem Warum drängt sich auf.

Gott lässt jedem Menschen die Freiheit, auch die Freiheit zum Bösen. Darin liegt die Würde des Menschen begründet. Ohne diese Freiheit wäre der Mensch eine Marionette.

Der Mensch ist nach dem Bilde Gottes geschaffen. Er hat die Fähigkeit, zu lieben, Gerechtigkeit walten zu lassen, bei der Wahrheit zu bleiben, das Eigentum und das Lebensrecht anderer zu respektieren, Beziehungen zu schützen, fair und anständig zu bleiben. Aber er hat die Freiheit, sich anders zu verhalten. Der Zustand der Welt deutet darauf hin, dass viele ihre von Gott geschenkten Fähigkeiten nicht nutzen. Warum das geschieht, bleibt offen. Es liegt am Menschen, nicht an Gott. Das Böse kommt nicht von Gott. Wir können ihm nicht alles in die Schuhe schieben.  

Eine Antwort auf die Frage nach dem Warum hilft uns nicht weiter. Viel wichtiger ist die Botschaft, dass Gott uns auch und dann ganz besonders nahe ist, wenn uns Böses widerfährt. Jesu Schicksal zeigt, dass Gott uns Zukunft schenkt auch über unseren Tod hinaus. Wir sind dem Bösen nicht endgültig ausgeliefert. 

Ich komme doch auch so klar. Ich will nicht, dass mir jemand in mein Leben reinredet.

Antwortversuch: Es ist schön zu sehen, dass Menschen ihr Leben unbeschwert genießen können. Gleichwohl gibt es keine Garantie, dass dieser Zustand dauerhaft anhält. Das Schicksal hält mitunter Überraschungen bereit, Enttäuschungen, Tod lieber Menschen, Hinfälligkeit des eigenen Körpers, bohrende Fragen nach dem Sinn des eigenen Lebens. Es spricht viel dafür, dass ein unbeschwertes Leben aus sich selbst heraus nicht durchzuhalten ist. 

Es macht daher Sinn, sein Leben so zu gestalten, dass es auch schwierigere Zeiten überstehen kann. Wer rechtzeitig die Beziehung zu Gott aufnimmt, tut sich da leichter. Er kann auf schwierigere Lebensumstände vertrauensvoller zugehen und erhöht damit die aktuelle Lebensfreude noch.  

Es gibt überall Menschen, die meinen, sie wüssten, was für mich das Beste ist, in der Familie, im Freundeskreis, im Staat und auch in der Kirche. Keiner kann mir allerdings die Verantwortung für mein Tun und Denken abnehmen. Aber mitunter höre ich doch auch einen vernünftigen Rat, hoffentlich zur rechten Zeit auch aus der Kirche.

Ist die Kirche schuldig geworden, indem sie ihre Mitglieder unterdrückt und Frauen, Homosexuelle und Andersdenkende diskriminiert? Hat sie sich schuldig gemacht unter anderem durch Missbrauch, Hexenverbrennung und Inquisition?

Antwortversuch: Man kann sich über vieles aufregen in der Kirche, zum Beispiel über ihre Haltung zum Sexualleben, zu wiederverheirateten Geschiedenen, zu Homosexuellen, zum Zölibat, zur Rolle der Frauen in der Kirche, zum Umgang mit ihrem Vermögen, zu vielen dunklen Kapiteln im Laufe der Jahrhunderte bis zu den Missbrauchsfällen in der jüngsten Vergangenheit. Hier ist viel aufzuarbeiten, alles dauert viel zu lange. Doch was hat das alles mit der persönlichen Gottesbeziehung, mit dem Glauben des Einzelnen zu tun? 

Kirche ist die Gemeinschaft derer, die glauben. Damit gibt es in der Kirche alles, was im Menschen ist. Das ist keine Entschuldigung („bei euch aber soll es anders sein“). Das Versagen von Menschen ist aber auch kein Argument gegen die Existenz und die Liebe Gottes, gegen eine persönliche Beziehung zu Ihm und gegen den Auftrag, als Volk Gottes gemeinsam auf dem Weg zu sein zur Vollendung des Reiches Gottes. Kirche ist nicht das Reich Gottes, sondern Weg-Gemeinschaft dorthin. Der Glaube ist das wichtigste Thema. Alles andere ist dem Glauben untergeordnet und in Liebe zu handhaben. Es gilt, diese simple Erkenntnis in die Institution hineinzutragen. Die Mühe lohnt sich. Ohne die Institution würde die Frohe Botschaft nicht durch die Geschichte getragen.  

Gibt es Gott?

Verbreitete Meinung: Gott passt nicht in die heutige Zeit. Die Naturwissenschaften können inzwischen vieles erklären, wofür die Menschen früher Gott verantwortlich gemacht haben. Auf die noch bestehenden Fragen werden sich sicher auch noch Antworten finden. Für Gott ist kein Platz mehr. 

Antwortversuch: Es gibt offensichtlich mehr, als wir mit unseren fünf Sinnen wahrnehmen. Dieses „Mehr“ umfasst beispielsweise die Emotionen, allen voran die Liebe, das Erinnerungsvermögen, Ideen und Gedanken, die zwischenmenschlichen Beziehungen. Anders als viele Geheimnisse der Natur, die schon da, aber noch nicht entdeckt oder geklärt sind, ist dieses „Mehr“ uns in erheblichem Maß bewusst und bestens bekannt, ja es handelt sich eigentlich um ganz entscheidende Aspekte unseres Lebens. Wir haben dieses „Mehr“ nicht im Griff, es ist nicht auf unser Einverständnis angewiesen, es ist einfach da. Wir wissen nicht, ob und wenn ja wie sich dieses „Mehr“ zu uns verhält. 

Inzwischen ist auch die Wissenschaft diesbezüglich einen großen Schritt weiter. Die Quantenphysik weist genau darauf hin, dass jenseits der klassischen Physik, in der alles determiniert und messbar ist, ein Zusammenspiel von Materie, Geist und Energie existiert.  

In dieser umfassenden Wirklichkeit ist Raum für Gott. 

Sind sie nur ein soziales Konstrukt, von Menschen gemacht?

Die zehn Gebote können Hilfe und Orientierung sein

Antwortversuch: Eltern wünschen es ihren Kindern: „Du sollst es einmal besser haben.“ Das ist kein Befehl, sondern ein Ausdruck dafür, dass sie alles getan haben und tun werden zum Wohle ihres Kindes. Es ist das Resultat ihrer Liebe zu ihrem Kind. Es geht ihnen um Lebenschancen für ihr Kind.

Dem Text der Zehn Gebote im Alten Testament geht die Erinnerung an Gottes Liebe zu seinem Volk voraus. Bei den Zehn Geboten handelt es sich demnach um zehn Lebenschancen, die in diesem Sinne in dem zehnfachen „Du sollst“ der zehn Gebote zu verstehen sind. Weil Gott den Menschen liebt, wird der Mensch keine anderen Götter verehren, den Namen Gottes in Ehren halten, Zeit für Gott haben, seine Eltern anständig behandeln, nicht töten, nicht lügen, keine Beziehungen zerstören, die Rechte seiner Mitmenschen wahren. Alle diese Lebenschancen bieten sich dem Menschen, weil er von Gott geliebt ist.

Es geht also nicht um Unterdrückung, sondern im Gegenteil um Befreiung. Es ist höchst bedauerlich und ein schwerer Fehler, dass die Kirche über lange Zeit die zehn Gebote als Instrument für die Unterdrückung und Gängelung ihrer Mitglieder genutzt hat.

Ist nicht die Existenz des Menschen zu Ende, wenn er gestorben ist?

Gibt es ein Leben nach dem Tod?

Antwortversuch: Unsere Identität ist nicht von unserem Körper abhängig. Die Zellen erneuern sich, die Person bleibt dieselbe. Der Tod ist das Ende des Körpers und der fünf Sinne, aber nicht das Ende der Person. Es gilt, sich vorzustellen, dass die Begrenztheit der Wahrnehmungsfähigkeit durch den Tod aufgehoben werden könnte. Dann würde sich eine viel größere Wirklichkeit erschließen. Es wäre wie mindestens eine zusätzliche Dimension. Man könnte nach dem Tod aus dem Gefängnis von Raum und Zeit heraustreten. Das Leben läge in Gänze offen. Das Geflecht der Beziehungen anderen Menschen könnte erkannt werden, die Rolle in der Welt richtig eingeschätzt werden. Ewigkeit wäre dann der Zustand, in dem sich die Existenz vollendet. Eine großartige Perspektive.

Menschen, die nach klinischem Tod ins Leben zurückgeholt wurden, haben diese Vorstellungen ausdrücklich bestätigt. 

Alles, was über Gott gesagt wird, nämlich dass er unsere Wahrnehmungsfähigkeit und unser Denken übersteigt, dass er größer ist als Raum und Zeit, dass er allmächtig, allwissend ist, würde plausibel in einer Welt, die mindestens fünf Dimensionen aufweist. Die Physik sagt uns, dass unser Universum sogar 16 Dimensionen hat. Der Glaube an Gott und an ein Leben nach dem Tod steht also mit der Vernunft und der Wissenschaft in Einklang.

Petersplatz in Rom

Antwortversuch: Die Liebe Gottes gilt allen Menschen, unabhängig von ihrer Religion. Entscheidend ist ihre Sehnsucht nach einer Beziehung zu Gott. Selbstverständlich kann diese Beziehung überall dort gefördert werden, wo Gott im Mittelpunkt steht. Das ist in allen christlichen Kirchen der Fall und insbesondere auch bei den Juden und im Islam. Auch andere Religionen enthalten Elemente, die einer Ausrichtung des Menschen auf Gott förderlich sind.  

Oder ist die Hölle eine Drohkulisse, um Menschen einzuschüchtern?

Antwortversuch: Die Hölle ist der Gegenpol zum Leben in Einheit mit Gott. Wer sich radikal von Gott abwendet, strebt diesem Gegenpol entgegen. Die Frage ist, ob ein Mensch überhaupt in der Lage ist, sich bis in den letzten Winkel seiner Existenz von Gott abzuwenden und die ihm angebotene Beziehung restlos und vorsätzlich auszuschlagen. Wer in die Hölle will, muss erst einmal an der Barmherzigkeit Gottes vorbeikommen. Unabhängig davon, ob überhaupt jemand in der Hölle ist, bleibt sie als mögliche Konsequenz der Abwendung von Gott existent.

Die Bibel

Antwortversuch: Glauben bedeutet, sich von Gott geliebt wissen. Der Inhalt der Frohen Botschaft Jesu Christi ist eben diese Zusage, dass Gott jeden einzelnen Menschen ohne Vorbehalte liebt. Auf diese Botschaft zu vertrauen ist möglich und prägt den, der glaubt.

Vom Hören und Annehmen der Frohen Botschaft, dass Gott den Menschen liebt, bis zur Auswirkung auf das Leben dauert es eine Zeit, nennen wir sie die Inkubationszeit des Glaubens. 

Die Frohe Botschaft führt beim Gläubigen zu unterschiedlichen Auswirkungen. Der eine verliert oder relativiert seine Ängste und Sorgen, weil er sich von Gott getragen weiß. Der andere entdeckt seine Möglichkeiten, für andere da zu sein. Wieder ein anderer wird zum Verkünder der Frohen Botschaft. Bei einem weiteren ändern sich die Lebensprioritäten. Schließlich hilft die Perspektive eines Lebens nach dem Tod über den Verfall des eigenen Körpers und das Bewusstsein seiner Endlichkeit hinweg.

Die Wirkung des Glaubens ist nicht planbar. Der Glaube kann den Gläubigen zu einem neuen Menschen machen. 

Glauben lohnt sich. Sich auf die Liebe Gottes einzulassen, kostet nichts. Selbst wenn sich erweisen sollte, dass es keinen Gott gibt, ist nichts verloren.